
Der Landkreis Tirschenreuth mit seiner Teichlandschaft, den spektakulären Felsformationen, der naturnahen Flussaue und seiner traditionellen Gastronomie ist ein weithin bekanntes und beliebtes Wandergebiet.
Die Waldnaab in ihrer naturnahen Aue zeichnet sich durch einen mäanderartigen Verlauf mit zahlreichen Flussschlingen und Altwässern, natürlichen Uferstrukturen und Totholzreichtum aus. Das Projektgebiet liegt vollständig im Bayernnetz-Natur-Projekt „Waldnaabaue zwischen Gumpen und Tirschenreuth“ und im Gebiet des Bundesnaturschutzgroßprojektes „Waldnaabaue“.
Im Gegensatz zu vielen ähnlichen Fließgewässern in ganz Deutschland hat hier eine anthropogene Überformung durch Begradigung, Vertiefung, Versteinung der Uferböschung und Veränderung durch Drainierungs-Maßnahmen kaum stattgefunden. Damit zeichnet sich die Waldnaab im Landkreis Tirschenreuth durch eine hohe Naturnähe aus, die aber dazu führte, dass die landwirtschaftliche Nutzfläche in der Aue in den vergangenen Jahrzehnten wegen schwieriger Bewirtschaftung und ungünstiger Ertragslage schon in Teilen aufgegeben wurde. Diese Entwicklung schreitet weiter voran und führt dazu, dass auf offene Grünlandflächen angewiesene Organismen wie z.B. Wiesenbrüter, ihren Lebensraum verlieren.
Wiesenbrüter sind eine Gilde von Vögeln, die am Boden brüten und vor allem auf strukturreiches Grünland mit reichen Insektenvorkommen als Nahrungsgrundlage angewiesen sind.




Zu den Wiesenbrütern, die in der Waldnaabaue eine Heimat finden, gehören Kiebitz, Braun- und Schwarzkehlchen, Schafstelze, Bekassine, Grauammer und Wachtelkönig.
Alle sind mittlerweile seltene Brutvögel in der Waldnaabaue oder sind gar seit Jahrzehnten verschwunden.

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Prioritäres Ziel in diesem Projekt ist die Realisierung einer großen, zusammenhängenden Weidelandschaft in einer weitgehend naturnahen Flussaue.
Dabei sollen auf diesen aus Sicht der Landwirtschaft wenig produktiven Standorten mit einer naturverträglichen Tierhaltung die Biodiversität gefördert, die Aue landschaftsästhetisch für Naherholung und Tourismus aufgewertet und qualitativ hochwertiges Fleisch produziert werden. Das Beweidungskonzept (s. Kap. 2.3: Was sind Wilde Weiden) entspricht der einer extensiven Ganzjahresweide mit einem dauerhaften mittleren Besatz von 0,3-0,4 Großvieheinheiten proHektar. Vereinfacht ausgedrückt stehen jedem Weidetier 2-3 Hektar zur Verfügung.
Diese Weideform gestattet – ohne Beeinträchtigung für die Landwirtschaft – auch weitere naturschutzfachliche Aufwertungen der Flächen durchzuführen, z. B. Rückbau von Drainagen in Richtung eines naturnahen Wasserhaushaltes in der Aue und der angrenzenden Niedermoore.

Flusslandschaften wie die Waldnaabaue im Landkreis Tirschenreuth wirken in ihrer noch z.T. funktionierenden Überschwemmungsdynamik als Rückzugsgebiete für hochspezialisierte Arten, die auf naturnahe Umweltbedingungen wie z. B. Hochwasser und Totholzreichtum angewiesen sind. Von hier aus kann eine Wiederbesiedelung von verarmten Lebenräumen erfolgen. In Verbindung mit großen Weidetieren entsteht eine Biotopvielfalt, die noch große Überraschungen an Artnachweisen bereithält, z.B. wenn scheinbar verschwundene Pflanzenarten durch die Aktivitäten der Weidetiere aus der Samenbank im Boden wieder keimen können.
Eine extensive Weidelandschaft wirkt auch als Kohlenstoffsenke, die nicht nur erhebliche Mengen an Kohlenstoff speichern sondern sogar auch Treibhausgase binden kann. Intensiv genutztes Grünland mit Düngergaben und mehrmaligen Mähen oder Ackerland können diese Funktion nicht oder nur in viel geringerem Maß erfüllen.
Die Wilden Weiden an der Waldnaab werden so zu einem Leuchtturmprojekt für ein nachhaltiges und naturschutzkonformes Management von Auen, Feuchtgebieten und ähnlichen Landschaftsräumen in ganz Bayern, und darüber hinaus.
Das Projektgebiet steht als NATURA 2000-Gebiet unter dem Schutz der Europäischen Union und ist damit Teil des weltweit größten grenzüberschreitenden Schutzgebietsnetzes. Es schützt so gefährdete Arten und Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse in ganz Europa.

Wilde Weiden sind extensive ganzjährige Standweiden mit großen Weidetieren (robusten Rassen von Rindern, Wasserbüffeln und Pferden).
Die großen Weidetiere waren mit Fraß, Tritt, Dung und ihrem Samentransport die wesentlichen Landschaftsgestalter in der vom Menschen noch nicht geprägten Naturlandschaft. Die historische, vorindustrielle Nutzung der Landschaft, die durch täglichen Austrieb der Dorfkuhherden geprägt war, lässt sich mit ihrem sehr positiven Einfluss auf die Artenvielfalt durchaus vergleichen.
Im Weidemanagement „Wilde Weiden“ formen die großen Tiere ihr Weideareal und gestalten den Mikrokosmos von Strukturen bis hin zu ganzen Landschaften. Es entstehen dabei Bilder, die nicht so einfach mit Worten zu beschreiben sind, zumal hier ein formender Prozess abläuft, der teils viele Jahrzehnte benötigt. Unsere heutigen „Wilden Weiden“ sind dagegen vergleichsweise jung. Zeugnisse von der Vielfalt der Gestaltungskraft der Weidetiere lassen sich entdecken auf vielen Gemälden vergangener Zeiten. So gibt es gerade aus der Schaffensperiode der Romantik in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Bilddokumente, in denen Künstler mit Detailliebe geradezu photographisch dem Kenner das Wirken der Pferde und Rinder offenbaren. Harmonische, pastorale Landschaften waren ein beliebtes Motiv bei Malern und ihren Kunden. Einer der vielen Künstler aus dieser Zeit war der Holländer Anthonie Jacobus van Wijngaerdt (1808-1887), der als Landschaftsmaler bekannt wurde. Ohne Zweifel war es nicht seine Absicht, ein „Suchbild“ zu Weidespuren zu malen. Der akribische Realismus seines hier gezeigten Bildes führt fast zwangsläufig zu Interpretationen eines Ökologen aus einer Zeit, als große Weidegänger und nicht Mähmaschinen das Landschaftsbild prägten. Sie sollen im folgenden Bild herausgehoben werden.



Die Besatzstärke (Anzahl der Tiere pro Hektar aufs gesamte Jahr bezogen) wird bestimmt von der Größe und Produktivität der Weidefläche. Das Nahrungspotential über ein Jahr ergibt die Tragekapazität der Weidefläche Sie wird in Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden festgelegt und ist im Vergleich zur heute vielfach üblichen Umtriebs-Beweidung sehr gering. In der Waldnaabaue stehen einem erwachsenen Rind oder Wasserbüffel ungefähr 2-3 Hektar zur Verfügung.
Es erfolgt keine prophylaktische Parasitenbehandlung der Tiere und keine Düngung der Flächen. Maschinelle Mahd oder Entbuschung erfolgt nur, wenn dies zur Förderung von Naturschutz-Zielen notwendig sein sollte. Zugefüttert wird nur bei Bedarf in der Vegetationsruhe oder in Notfällen durch Wetterunbilden. Parasitenbehandlung erfolgt nur bei tatsächlichem Befall.
In der Regel werden keine Flächen temporär ausgezäunt; im Bedarfsfall kann dies aber zum Beispiel für den Schutz spezieller Pflanzenvorkommen erfolgen.
Die Weidefläche sollte zusammenhängend und groß sein und möglichst viele verschiedene Landschaftselemente wie z.B. Felsen, Hänge, Wald, Einzelbäume und Gewässer einbeziehen. In der Wilden Weide Waldnaabaue sind diese Voraussetzungen mit geplanten ca. 250 ha gegeben.
Das Konzept der Wilden Weiden geht davon aus, dass die Lebensräume und Landschaften, in denen unsere Flora und Fauna entstanden sind, über Jahrmillionen von großen Pflanzenfressern (wie zum Beispiel Wisente und Auerochsen) gestaltet wurden, die heute zum Teil ausgestorben sind. Domestizierte Rinder und Pferde können jedoch bei entsprechender Haltung einen Teil dieser Funktionen ersetzen.
Viele Beispiele aus Mittel- und Westeuropa zeigen, dass mit Wilden Weiden große naturschutzfachliche Erfolge verbunden sind und sogar verschwundene Arten wieder nachgewiesen werden konnten. Wilde Weiden fördern eine artenreiche Flora und Fauna, indem insbesondere eine hohe Strukturvielfalt des Grünlandes erreicht wird und vielfältige Biotopkomplexe entstehen und positiv entwickelt werden. Regelmäßig gelingen mit solchen Projekten große Erfolge im zoologischen und botanischen Artenschutz, insbesondere hinsichtlich der Wiesenbrüter.
Besonders auf landwirtschaftlichen Flächen mit geringen Erträgen oder schwierigen Bodenverhältnissen kann dieses Konzept eine ökonomisch interessante Alternative für die Bewirtschafter sein.
Die Wilden Weiden unterstützen somit die Ziele des Biotopverbunds, den Erhalt der Artenvielfalt und die Erreichung der Natura 2000-Ziele, das heißt den Erhalt von speziellen Lebensraumtypen und besonders gefährdeten Arten.

Die positiven Auswirkungen betreffen auch die Bereiche Immissionsschutz, Gewässer- und Bodenschutz, Tourismus sowie Regionalentwicklung, die sich folgendermaßen zusammenfassen lassen:

Nicht zuletzt sind die vierbeinigen Bewohner der Wilden Weiden ein Highlight für Radfahrer und Wanderer, aber nur wenn man sie überhaupt zu Gesicht bekommt, denn auf ihrer riesigen Luxusweide haben die Tiere alle Freiheit der Welt.
Wenn man entlang des Vizinalbahn-Radwegs oder auf dem Waldnaabtal-Radweg zwischen der Heusterzbrücke und dem Fischaufstieg vor Gumpen unterwegs ist, lohnt es sich aber auf jeden Fall, die Augen offen zu halten. Und die Ohren – denn der markante, an einen Elch erinnernde Ruf der Wasserbüffel ist weithin zu hören. Mittelfristig sollen durch die Steuerung der Futterstellen im Winter und die Positionierung der Salzlecksteine gute Chancen bestehen, die Weidetiere zu allen Jahreszeiten zu entdecken.
Rotes Höhenvieh

In den verschiedenen deutschen Mittelgebirgsregionen entstanden unterschiedliche Landschläge von widerstandsfähigen Rinderrassen wie zum Beispiel Westfälisches Rotvieh, Vogelsberger und Harzer Rotvieh, die ursprünglich als Dreinutzungsrinder mit einer hohen Arbeitsleistung gezüchtet und den kargen Bedingungen der Ursprungsgebiete angepasst wurden. Das in der Waldnaab-Aue eingesetzte Rote Höhenvieh war als Rasse vom Verschwinden bedroht und wird seit den 1990er Jahren wieder vermehrt gehalten, gezüchtet und zunehmend in der Landschaftspflege eingesetzt. Das Fleisch zeigt eine besonders hohe Qualität, die sich durch das entspannte Leben auf der Weide und eine möglichst stressfreie Schlachtung und Weiterverarbeitung in einem kleinen handwerklichen Schlachtbetrieb vor Ort, lange Reifung am Stück und Vakuumverpackung auszeichnet.
Wasserbüffel

In den letzten Jahren werden in Feuchtgebieten immer häufiger und zumeist auch mit großem naturschutzfachlichen Erfolg Wasserbüffel eingesetzt. Diese gehören mit dem ausgestorbenen Auerochsen, Stammvater aller unserer Hausrinder, dem vor wenigen tausend Jahren ebenfalls ausgestorbenen europäischen Wasserbüffel und dem einzigen überlebenden europäischen Wildrind, dem Wisent, zu den sogenannten Rinderartigen. Unsere in der Waldnaab eingesetzten Wasserbüffel stammen ursprünglich aus Asien, leben aber schon seit Jahrtausenden als genügsame Nutztiere in Europa. Diese sind vor allem Grasfresser und verzehren Röhricht-Vegetation wie Schilf und Rohrkolben in stärkerem Umfang als Hausrinder.

Die Verdauung der Wasserbüffel ist so ausgerichtet, dass Nahrung geringer Qualität, z.B. mit hohem Zellulose-Anteil, besser verwertet werden kann als von Hausrindern. Daher können sie im Winter auch mit nährstoffarmer Nahrung wie Binsen und weiteren Sauergräsern auskommen.
Büffel legen in nassem Gelände Suhlen an, die Lebensraum für andere Pflanzen und Tiere bieten. So sind seltene konkurrenzschwache Pflanzengemeinschaften auf diese offenen Stellen angewiesen. Für die langfristige Offenhaltung und den Erhalt von Uferbereichen sind Wasserbüffel wegen ihrer Trittsiegel, Trampelpfade, Schlammsuhlen und Liegestätten sehr geeignet.
Von ihrem Einsatz in der Waldnaab-Aue verspricht man sich, dass sie Feuchtgebiete als Brutplätze und Nahrungsflächen für seltene Wasser- und Wiesenvögel erhalten, die auch Lebensraum für Amphibien und viele weitere Tiergruppen sind. Die Wasserbüffel sehen sehr wehrhaft aus, werden aber von den Haltern als sehr gutmütige und vertraute Tiere eingeschätzt.
Wie alles mit allem zusammenhängt

Wasserbüffel schaffen Kleingewässer zum Suhlen.
Grünfrösche nutzen diese zur Fortpflanzung und als Ansitzwarte zur Jagd auf Fliegen.
Die Fliegen profitieren von Sekreten der Büffel und müssen sich vor hungrigen Insektenfressern wie der Bachstelze hüten.

Die Wilde Weide in der Waldnaab-Aue ist ein Projekt, das von Landwirten betreut und bewirtschaftet und aus Mitteln der Landwirtschaft und des Naturschutzes finanziert wird. Es unterliegt damit den Rahmenbedingungen der EU und Deutschlands für die Haltung von Haustieren. Die gesetzlichen und fachlichen Vorgaben werden vom zuständigen Veterinäramt kontrolliert und überprüft.
§ 2 Tierschutzgesetz besagt, dass wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,
Nach dem Konzept der „Fünf Freiheiten“, das vom britischen Farm Animal Welfare Council (FAWC) im Jahr 1979 veröffentlicht wurde und das auch heute noch international als das Ideal der Wahrnehmung der Verantwortung des Menschen dem Tier gegenüber anerkannt wird, gilt:

Die Risiken, die von den Tieren für den normalen Wanderer ausgehen, sind gering und können durch entsprechend angepasstes und respektvolles Verhalten auf ein absolutes Minimum reduziert werden.
Die Zaunführung wurde so gewählt, dass sich Wanderwege und Weideflächen kaum überschneiden.

Ausgewiesene Wege nicht verlassen! Weidebereich nicht betreten und Vorsicht vor dem Zaun – er ist stromführend! Nicht berühren und Kinder und Hunde beaufsichtigen!

Mindestabstand von 30 m zu den Tieren einhalten. Kreuzen Tiere deinen Weg, warte im Abstand von 30 m. Nimm gegebenenfalls eine andere Route. Gehe ruhig und unauffällig in Distanz an den Tieren vorbei, erschrecke die Tiere nicht und schaue ihnen nicht direkt in die Augen.

Herden nicht durchqueren. Muttertiere haben den unbedingten Drang, ihre Jungtiere zu beschützen. Achte auf Drohgebärden! Wenn Rinder den Kopf senken, erwarten sie deinen Rückzug. Dann weiche zurück!

Nähern sich die Tiere, bleibe ruhig, wende ihnen nicht den Rücken zu und verlasse ohne Hektik den Bereich, aber immer mit Sicht zum Tier. Sollten die Tiere eine Distanz unterschreiten, die dir unangenehm wird, rufe laut, pfeife oder mache dich anders akustisch bemerkbar.

Tiere nicht füttern. Die Tiere können und sollen sich selbst ernähren. Zufüttern kann sie krank machen und sogar töten. Angefütterte Tiere können eine Gefahr für Gäste darstellen.

Hunde-Leinenzwang im gesamten Gebiet. Vermeide bitte den Kontakt von Hunden mit Weidetieren und halte ausreichend Abstand. Hinterlassenschaften des Hundes sind umgehend einzusammeln und mitzunehmen.
Falls es zu einem Zwischenfall mit angreifenden Tieren kommen sollte, lass deinen Hund bitte sofort von der Leine, damit er fliehen kann!
Betreten auf eigenes Risiko!
Das Weidegebiet ist ausschließlich per Rad oder zu Fuß erreichbar, u.a. über den Vizinalbahn-Radweg, den Waldnaabtal-Radweg oder den Wanderweg „1000 Teiche und Himmelsleiter“ (Wanderweg Nr. 6 Stadt Tirschenreuth).
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